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Wenn man mehr Einblick in Maschinen wie Hubarbeitsbühnen und Generatoren haben will, landet man schnell bei der Telematik. Durch die Kombination von Telekommunikation und Informatik weiß man nicht nur, wo sich eine Maschine aufhält, sondern auch, wie viel und wie sie gelaufen ist und wann es Zeit für eine Wartung ist. Was bringt das in der Praxis? Und wie wirkt sich das auf die Geschäftsmodelle in der Vermietung aus?
Insgesamt vermietet Boels rund 800.000 Geräte und Maschinen in 18 europäischen Ländern. Vom Akkubohrer bis zum 30-Tonnen-Bagger und so ziemlich alles dazwischen. Etwa 35.000 dieser Maschinen sind mit Telematikhardware ausgestattet. John Smeets, technischer Direktor bei Boels Rental: „Es ist 12 Jahre her, dass wir mit der ersten Telematiklösung in der Praxis begonnen haben. Damals haben wir die ersten verfügbaren Telematikgeräte auf etwa 50 Maschinen installiert. Das war damals eine Marktneuheit. Damit konnten wir jedoch nur den Standort der Maschinen bestimmen und die Anzahl der Motorbetriebsstunden ablesen. In den letzten 12 Jahren hat sich die Telematik stark weiterentwickelt.“
Zu wenig Standardisierung
Obwohl die Technologie, die hinter der Telematik steckt, nicht neu ist, wird sie durch Einsatz von elektronischen Steuereinheiten immer raffinierter. Die Entwicklung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Das liegt vor allem daran, dass es bei den Maschinenherstellern noch wenig Standardisierung gibt. Jeder Hersteller hat seine eigene Telematiklösung, interpretiert die verfügbare ISO-Norm auf seine Weise und hat größtenteils auch seine eigene Datenplattform und sein eigenes Dashboard. Die Nichtweitergabe aller verfügbaren Daten an den Eigentümer der Maschinen ist eine weitere Herausforderung. Smeets: „Gemeinsam mit anderen großen Vermietungsunternehmen, die auch im technischen Ausschuss der European Rental Association vertreten sind, bündeln wir unsere Kräfte, um unsere Forderungen gegenüber den Herstellern durchzusetzen. Wir wünschen uns eine einheitliche Norm im Telematikbereich.“
John Smeets, Technical Director bei Boels
Boels wartet jedoch nicht darauf, dass die Hersteller einheitliche Daten liefern. Das Unternehmen ist bestrebt, branchenführend zu sein, indem es neue Lösungen und Ideen bereitstellt, mit denen die Produktivität seiner Kunden, aber auch des Unternehmens Boels selbst, verbessert wird. Die Digitalisierung der Vermietungsbranche ist daher fester Bestandteil der Boels-Strategie. Das Vermietungsunternehmen hat die Dinge selbst in die Hand genommen und seine eigene IT-Landschaft und Integrationsplattform entwickelt. Ein Team aus Boels-Spezialisten arbeitet in Vollzeit an der Weiterentwicklung der Telematik. Aufgrund der Vielfalt der Marken, Modelle, Techniken und Daten ist Telematik derzeit noch kein einfaches, vollautomatisches Plug-and-Play-System, das im vollem Umfang funktioniert und in allen Bereichen Effizienzvorteile bietet.
Was leistet Telematik?
Da viele Maschinen mit dieser Hardware ausgestattet sind, erhalten Bauunternehmer, Projektleiter und Bauführer einen besseren Überblick über und Einblick in alle auf der Baustelle vorhandenen Maschinen. Bei großen Projekten ist es für Bauunternehmer manchmal schwierig, den Überblick über das vollständige Material zu behalten. Wo steht welche Maschine? Auf welche Weise und wie intensiv wird sie genutzt? „Wenn aus den Daten hervorgeht, dass z. B. nur noch die Hälfte eines bestimmten Materials verwendet wird, lässt sich die Anzahl der Maschinen leicht reduzieren. So können die Projektkosten gesenkt werden“, erklärt Smeets.
Darüber hinaus sorgt die Telematik in den Maschinen dafür, dass präventiv gehandelt werden kann. Erscheint ein Fehlercode, kann ein Techniker sofort vor Ort sein, um Schlimmeres zu vermeiden oder eine Maschine zu warten, bevor sie ausfällt. Oft stellt sich übrigens heraus, dass es nicht notwendig ist, einen Techniker auszusenden. Viele Probleme können bereits am Telefon gelöst werden. „Dadurch können Materialausfälle und – wenn auch nur kurzzeitige – Projektstillstände vermieden werden. Auch für die interne Organisation hat diese Prävention Vorteile, da sie die Notwendigkeit von Reparaturen verringert.“
Schließlich kann die Telematik durch remote Autorisierung zur Sicherheit auf der Baustelle beitragen. „Bei einigen langfristigen Projekten bieten wir auch Zugangslösungen mit Keycodes an. Wir geben den Benutzern der Maschine einen digitalen Code, mit dem sie die Maschine starten können. Dadurch wird verhindert, dass Personen ohne die erforderliche Schulung die Maschine benutzen oder dass Subunternehmer die Maschine ausleihen, ohne zu fragen“, so Smeets.
„Wenn aus den Daten hervorgeht, dass z. B. nur noch die Hälfte eines bestimmten Materials verwendet wird, lässt sich die Anzahl der Maschinen leicht reduzieren. So können die Projektkosten gesenkt werden“
Dashboards in der Online-Umgebung
Die Entwicklung der Telematik, der Systemintegration und der damit verbundenen Datenanalyse ist bei Boels in vollem Gange. „Ab Mitte nächsten Jahres werden die Daten aus den Maschinen für bestimmte Kunden in den Niederlanden auch online verfügbar sein. In Skandinavien stehen den Kunden diese Daten bereits zur Verfügung“, erklärt Smeets.
Sobald die Maschinenhersteller – und die Bauindustrie im Allgemeinen – ihre IT-Architektur weiter modernisiert und standardisiert, nimmt das Potenzial der Telematik weiter zu. „Telematik ist ein wesentlicher Bestandteil der Zukunft, wir werden bald nicht mehr ohne sie auskommen können. Durch die rasante Entwicklung von Technologien, die von Klimazielen angetrieben werden, wie z. B. der Elektrifizierung der Baustellen, ist eine Unterstützung durch Telematik nicht mehr wegzudenken. Da wir immer mehr Daten erfassen und analysieren, bin ich überzeugt, dass wir bald Zusammenhänge sehen werden, die wir uns vorher nicht vorstellen konnten. Und letztendlich glaube ich, dass das die gesamte Vermietungsbranche drastisch verändern wird.“
Der Einfluss der Telematik und der Daten im Allgemeinen wird im gesamten Mietsektor spürbar sein. „In dem Maße, in dem man Einblick in den Einsatz und die tatsächliche Nutzung der Geräte erhält, wird sich auch das Preismodell ändern. Zusammen mit einer Verbesserung der Effizienz dürfte dies zu Kostensenkungen bei Bauprojekten führen“, so Smeets.
Die Weiterentwicklung von Telematik, Datenaustausch und Systemintegration könnte zu völlig neuen Ertrags- und Geschäftsmodellen im Mietsektor führen. Die Zukunft wird es zeigen.